Die Biologie unseres Essverhaltens

Hunger – Er signalisiert uns wenn wir Nahrung benötigen. Sättigungsgefühle hingegen sagen uns wann es genug ist. Soweit zur Theorie, aber warum versagt unser natürlich gegebenes System immer wieder und wir essen mehr als wir eigentlich müssten?

Obwohl das Essen grundlegend für unser Überleben ist, ist der Forschungsbedarf auf diesem Gebiet ist lange noch nicht an seine Grenzen gekommen. Der Körper ist ein wahres Wunderwerk, er kann sehr gut mit seinen Ressourcen haushalten. Ein gesunder Mensch schafft es im Notfall bis zu etwa drei Monate ohne Nahrungsaufnahme auszukommen. Bei manchen Völkern auf der Erde ist dies ein ganz normaler Zustand. Die Ernten geben es einfach nicht her das ganze Jahr über gleichmäßig Nahrung zu sich zu nehmen.

Wie funktioniert unser Sättigungsgefühl?

In unserer Magenwand befinden sich Detektoren, die durchgehend messen was wir essen und wie gefüllt bzw. wie gedehnt unser Magen ist. Von dort aus gehen Signale an den Hypothalamus. Das ist das Zentrum in unserem Gehirn, welches für Hunger und Sättigungsgefühl verantwortlich ist. Das passiert unterbewusst und damit ganz automatisch. Die ersten Signale werden bereits nach 300 bis 400 Kubikzentimeter Mageninhalt gesendet. Das erklärt auch, warum wir uns satt trinken können. Bei flüssiger Nahrung hält das Sättigungsgefühl allerdings nur sehr kurz an. Folglich halten uns flüssige Nahrungsmittel auch nicht so lange satt.

Unser Magen erkennt aber lediglich seinen Füllstand, die Zusammensetzung seines Inhalts bleibt ihm verborgen. Dafür müssen wir etwas weiter in unseren Körper hinein sehen. Sobald die Nährstoffe über die Darmwand in den Blutkreislauf gelangen schlagen zum Beispiel in der Leber weitere Detektoren an. Sie geben etwa Auskunft darüber, ob wir bestimmte Nährstoffe besonders benötigen. So erklärt sich etwa Heißhunger auf bestimmte Lebensmittel.

Hormone steuern unseren Hunger

Der Hunger wird von einem komplexen System aus verschiedenen Hormonen gesteuert. Wie sich diese genau zueinander verhalten, welche Hormone sich gegenseitig verstärken oder aufheben ist heute noch nicht vollständig erforscht. Eines der Hormone ist jedoch besonders wichtig – Leptin. Es zeigt unserem Körper an, wie stark gefüllt unsere Fettreserven sind. Speziell nach Zeiten von überschwänglicher Nahrungsaufnahme, zum Beispiel nach den Weihnachtsfeiertagen, lassen sich sehr hohe Leptinwerte im Blut messen.

Leptin unterdrückt unser Hungergefühl, denn es sagt dem Hypothalamus „es ist genug“. Daraufhin wird unser Hungergefühl geschwächt und wir brauchen nicht mehr so viel Nahrung zu uns nehmen, um den Hunger zu bekämpfen. Der Entwicklungsgeschwindigkeit des Überfluss an Nahrung konnte unser Körper jedoch nicht standhalten. Obwohl bei Fettleibigen zum Teil sehr hohe Leptinwerte gemessen werden scheint dessen sättigende Wirkung zu versagen.

Abwechslung schafft Appetit

Es sind aber nicht nur Hormone, Blutzuckerspiegel oder die Magendehnung, die unseren Hunger und damit das Essverhalten beeinflussen. Evolutionsbedingt sollen wir uns möglich abwechslungsreich ernähren. Damit ist sicher gestellt, dass wir auch alle notwendigen Nährstoffe zu uns nehmen. Deswegen gilt, je abwechslungsreicher das Essen, desto mehr essen wir auch.

Ein mehrere Gänge umfassendes Menü ist voll gespickt mit Abwechslung, was uns weit über unser normales Sättigungsgefühl hinaus essen lässt. Der Effekt der Abwechslung lässt sich sogar auf Farben zurück führen. Je bunter das Essen, desto mehr essen wir. Eine einheitlich braune oder grüne Masse beeindruckt unsere Sinne deutlich weniger, als ein bunter Teller voller Abwechslung.

Der Einfluss unserer seelischen Verfassung auf das Hungergefühl

Wer konzentriert arbeitet oder lernt, hat meist keinen Hunger. Stunden vergehen, ohne dass wir ein einziges mal an Essen gedacht haben. Wen hingegen Langeweile plagt, der könnte die ganze Zeit essen. Manche Gefühlszustände zeigen bei verschiedenen Menschen genau gegensätzliche Auswirkungen. Angst schlägt bei dem einen auf den Magen und er isst nichts, ein Anderer bekämpft diese mit Essen. Auch Depressionen führen zu alternativen Essverhalten. Während sich manch einer Kummerspeck anfrisst, magern andere förmlich ab.

Einer der Hauptursachen für unsere Überernährung sehen viele Forscher aber in unserer modernen Lebensweise. Wir werden heute von Stress regiert. Er erhöht den Energiebedarf und Stresshormone fördern unseren Hunger. Was evolutionär sehr sinnvoll war, da dem Gehirn dadurch für schnelle Entscheidungen ausreichend Energie zur Verfügung steht, verfällt bei Dauerstress ins Negative.

Darin liegt auch die Erklärung, dass es vor allem ärmere Bevölkerungsgruppen sind, die mit Übergewicht zu kämpfen haben. Existenzängste verursachen Dauerstress und damit dauerhaften Appetit.

Die Optik isst mit

Wir lassen lassen uns auch von der Optik täuschen. Es sind nicht nur die Farben unserer Mahlzeit, es ist aus deren Größe, die unseren Hunger beeinflussen. Je größer der Teller oder auch die Verpackung, desto mehr essen wir davon. Wir versuchen stets „angemessen“ zu essen. „Angemessen“ bedarf aber einer Vergleichsgröße und die stellt der Teller oder auch die Verpackung dar.

Hunger ist somit keine rationale Größe. Allein diese Aufstellung zeigt, dass es weit mehr Einflussgrößen als den reinen Füllstand unseres Magens gibt. Zuletzt schmeckt das Essen in Gesellschaft besser als alleine. Etwa bei großen Hochzeitsgesellschaften könnten wir scheinbar unbegrenzt weiter essen.

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