Was Industriebrot nicht kann

Mensch und Gesellschaft / 5/5 (9) für diesen Beitrag
Veröffentlicht am

Ein frisches Bauernbrot aus dem Holzofen ist etwas wirklich feines. Meine Eltern leben auf dem Land in der wunderbaren „Genussregion Oberfranken“. Hier hat die handwerkliche Bäckerei noch einen hohen Stellenwert. Man geht zum Bäcker seines Vertrauens plaudert dort ein wenig, weil man kennt sich und weiß auch, dass wirklich alles noch in Handarbeit und ohne Tricks hergestellt wird.

Um eine wunderbares handgemachtes Brot zu erleben, dafür braucht man aber nicht unbedingt ins schöne Frankenland fahren. Sehr viele Regionen hier in Deutschland haben ihre ganz eigene Brottradition. Vielerorts gibt es noch handwerkliche Bäckereien, welche aus Erfahrung und aus ihrem Berufsethos heraus wunderbares Brot backen. Mal ist es etwas dunkler oder vielleicht etwas krosser als das andere, mal etwas heller und weicher. Jeder Bäcker hat seine eigenen Brotback-Rezepte und kleinen Geheimnisse, welche sein Brot zum besten werden lässt. Die deutsche Bäckertradition ist ein Exportschlager. Auf der ganzen Welt steht die „Deutsche Bäckerei“ für Qualität, Vielfalt und Geschmack.

Frisch gebackenes Brot ist saftig, darf auch etwas kerniger sein und sollte aber eine richtig krosse Krumme besitzen. Die Backstube duftet nach dem Tagwerk und läd uns auf diese Weise zum Kauf ein. Es braucht keine Sensationswerbung, um das Brot zu verkaufen. Was man dort sieht und riecht, das ist überzeugend genug und allemal sein Geld auch wert. Selbst eingefroren und wieder aufgetaut ist handwerklich hergestelltes Brot immer noch ein Genuss.

Kein Bäcker, der wirklich was auf sich hält, würde auf die Idee kommen aus Kostengründen Stroh für die Farbe ins Brot zu mischen, nur um dem Kunden einen Hauch von Vollkorn vorzugaukeln und damit dem Gesundheitsbewusstsein gerecht zu werden. Entweder ist das Brot aus weißem Mehl hergestellt oder eben ein Roggen- oder Vollkornbrot. Ein „so tun als ob“, gibt es nicht.

Das Brot eines guten Bäckers kann ohne Probleme noch eine Woche nach dem Kauf gegessen werden. Vielleicht ist der Teig am ersten Tag nicht ganz zu aufgeblasen fluffig wie das des Industriebrotes, dafür ist aber nicht sofort die „Luft wieder raus“. Spätestens am vierten Tag erkennt man die wahre Qualität des Brotes. Qualitativ hochwertiges und selbstgebackenes Brot ist immer noch frisch und lecker, während Fertigbrot steinhart und ungenießbar wird.

Es gibt wirklich Tausend gute Gründe ein richtiges Bäckerbrot zu kaufen. Es ist regional, frisch, lecker und vieles mehr. Nichtsdestotrotz müssen gerade hier im Land des herausragenden Bäckerhandwerks immer mehr Bäckereien schließen. Der Kunde ist immer seltener bereit für Qualität zu bezahlen oder einen kleinen Umweg in Kauf zu nehmen. Das gute Brot hat seinen Stellenwert verloren.

Das hinterlässt auch beim Nachwuchs der Zunft seine Spuren. Die jungen Menschen scheuen nicht nur das frühe Aufstehen, was der Beruf mit sich bringt, auch sehen sie keine Zukunft mehr im klassischen Bäckerhandwerk. Vielleicht wird man bald nirgends mehr ein kleines Pläuschchen morgens beim Bäcker halten können und den frischen Duft genießen, weil einfach keiner mehr da ist, der es machen möchte. Das traditionelle Genusshandwerk ist aber wichtig für das Bewusstsein einer Gemeinschaft. Essen ist Leidenschaft und verbindet. Wenn wir nur noch leidenschaftslos leidenschaftslose Dinge essen, dann werden wir einen Teil unserer Identität verlieren.

Frisches hochwertiges und handgemachtes Brot ist ein Stück Heimat und Tradition, welches wir auf jeden Fall bewahren sollten. Es macht uns mehr als einfach nur satt, es macht uns glücklich. Und genau das kann uns kein Industriebrot geben!

Letztes Update vom

1 Kommentare


  1. Hallo.

    Und wie findet man heraus, ob ein Bäckereifachgeschäft selbst backt (rhetorische Frage)?
    Ich komme aus Oldenburg mit 150.000 Einwohnern.
    Es gibt hier drei Ketten, die sich den Markt aufgeteilt haben und im Prinzip auch alle dasselbe Brot anbieten. Kein Wunder: eine der Fabriken, aus denen diese „Landbäckereien“ ihr Brot erhalten, ist auch direkt vor den Toren der Stadt. Das Brot dieser Bäcker wird auch schon nach vier Tagen gerne einmal schimmelig.

    Und wie ist das mit der Tradition? Traditionelles Brot aus der Region kann ich hier jedenfalls nicht mehr kaufen (z.B. Stuten oder RoggenWeizen-Mischbrot). Das wurde alles zugunsten eines Körner/0815 Sortiments gestrichen, das dann leicht variiert als „Weltmeister“/“Fitness“ etc. Brot angeboten wird. Als Rest gibt es noch „Schlesier“ (Graubrot) und eine zuckrige Süßigkeit (sog. Weißbrot). Das wars.
    Zudem wurden in den letzten Jahren nicht nur die Papiertüten immer kleiner (so klein, dass das Brot bzw. die Brötchen teilweise gar nicht mehr hineinpasst/passen und man die Tüte mit spitzen Fingern anfassen muss), auch das Sortiment immer enger. Brotsorten werden gestrichen und zusammengelegt. Optimierung und Maximierung des Gewinns ist auch hier das Gebot der Stunde.

    Ich habe meinen Brotkonsum deutlich reduziert.

Wie denkst du darüber?

Frisch ins Postfach?

Verwandte Themen?