Mal angenommen es gäbe keine Massentierhaltung

Mensch und Gesellschaft / 5/5 (6) für diesen Beitrag

Podcasts sind so angesagt wie noch nie. Deshalb möchte ich auch einen meiner liebsten Podcast Sendungen euch vorstellen – und zwar den „Tagesschau Zukunfts-Podcast – mal angenommen“. Im Rahmen dessen versucht man stets durch Gespräche mit Experten einen kurzen Blick in die Zukunft zu werfen. Eine Folge, die sehr gut zu WirEssenGesund.de passt, möchte ich euch hier vorstellen und kurz zusammenfassen. Sie beschäftigt sich mit dem Ende der Massentierhaltung. Mal angenommen es gäbe sie nicht mehr…

Ohne Massentierhaltung gibt es immer noch Nutztiere

Was wären denn die Folgen, wenn wir die Massentierhaltung in Deutschland abschaffen würden? Das würde nicht bedeuten, dass die Nutztierhaltung per se abgeschafft ist, es bedeutet aber, dass Tiere deutlich mehr Platz bekommen, nicht mehr in kleinen Käfigen gefangen wären und zudem artgerechte Bedingungen vorfinden würden. Statt Enge gäbe es ausreichend Auslauf und endlich eine für die Tiere würdige Haltung. Das klingt erstmal gut, die Folgen wären allerdings für die konventionelle Tierhaltung erstmal drastisch.

Fragt man die Bauern, so wäre das durchaus möglich. Es läge am Ende jedoch am Geld. Der Verbraucher müsste für den doppelten Platz der Tiere entsprechend auch deutlich mehr für das Fleisch und die Wurst bezahlen. Wenn der Verbraucher aber nicht mehr bezahlen möchte, dann wäre das für die meisten Höfe nicht machbar. Als Konsequenz könnten nur noch die sehr großen Betriebe überleben, die sich die notwendigen Investitionen auch leisten könnten. Ein Alleingang der Bundesregierung wäre nämlich nicht oder nur schwerlich möglich, da dann das in anderen Ländern billig produzierte Fleisch sehr leicht über andere Märkte nach Deutschland gelangen könnte.

Hühnerzucht Tierwohl

Am fatalsten sind die Bedingungen in der Hühnerzucht. Das liegt aber nicht unbedingt an mangelndem Platz.

Das wären die gesellschaftlichen Konsequenzen

Um dem entgegenzuwirken wäre eine Fleischsteuer denkbar. Sie würde dann auf alles in Deutschland verkauftes Fleisch erhoben. Dabei wäre es egal, ob dieses hierzulande oder anderswo produziert würde. Mit den Einnahmen könnten die Bauern unterstützt werden, die sich gegen die Massentierhaltung entscheiden und ihren Tieren deutlich mehr Platz bieten.

Es müsste sich allerdings auch der Verbraucher umstellen und nicht mehr nur noch auf den Preis des Fleisches schauen. Ähnlich wie bei regionalen Produkten, bei denen man auch gerne mal ein wenig tiefer in die Tasche greift, müsste das bei Fleisch aus artgerechter Tierhaltung dann auch funktionieren. Dazu gehört allerdings eine deutlich bessere Kennzeichnung der Produkte, so dass man leicht erkennen kann, welche Fleischqualität man bekommt. Diese Kennzeichnung muss nicht nur überall verbindlich aufgedruckt sein, es muss auch die notwendige Glaubwürdigkeit besitzen, damit es von der Bevölkerung angenommen wird.

Ist teureres Fleisch sozial vertretbar?

Zusätzlich stellt sich noch die Frage der sozialen Gerechtigkeit. Wäre es überhaupt sozial vertretbar, wenn sich Fleisch nur noch wohlhabendere Menschen leisten könnten? Dem gegenüber steht allerdings die Frage, ob es denn überhaupt ein Grundrecht auf Fleisch gibt. Zum Leben notwendig ist es definitiv nicht. Zum einen erzeugt der hohe Fleischkonsum eindeutige negative Effekte auf Menschen, Natur und Umwelt. Ähnliches gilt natürlich auch für andere tierischen Produkte, wie etwa Milch, Eier, Käse oder Quark. Experten sehen es daher durchaus als denkbar, man als Ausgleich für Bedürftige jedoch einen Zuschuss für den Erwerb von tierischen Lebensmitteln geben könnte, um soziale Ungerechtigkeiten abzufedern. Wer diesen Zuschuss nicht für tierische Produkte nutzt, der hat dann eben mehr Geld in der Tasche.

Nicht zu vergessen ist jedoch, dass Fleisch und andere tierischen Produkte fester Bestandteil unserer traditionellen Küche. Die meisten Menschen in Deutschland essen noch Fleisch. Der Anteil der Vegetarier liegt bei etwa 10 Prozent und der der Veganer nur irgendwo zwischen ein und zwei Prozent. Ist jetzt die traditionelle und damit auch gewohnte Küche für viele nicht mehr finanziell erschwinglich, so ist es im Extremfall denkbar, dass dies soziale Unruhen zur Folge haben könnte. Immerhin ist Fleisch ein sehr emotionales Thema. Bestes Beispiel ist der vor einigen Jahren seitens der Grünen vorgeschlagene Veggie-Day. Selbst der zur Debatte gestellte eintägige Verzicht auf Fleisch in einer öffentlichen Kantine sorgte für Aufruhr in der Bevölkerung.

Massentierhaltung und die Umwelt

Massentierhaltung hat aber auch noch weitere Folgen, die es nicht zu verschweigen gilt. Wo es intensive Tierhaltung gibt, da gibt es auch Massen an Gülle auf kleiner Fläche. Seit Jahren verstößt Deutschland deshalb schon gegen gültiges EU-Recht. Das resultiert daraus, dass über die Gülle an vielen Stellen deutlich mehr Nitrat ins Grundwasser gelangt als erlaubt ist. Insbesondere dort, wo sich die Massentierhaltung häuft, kommt es auch zu überhöhten Nitratbelastungen im Grundwasser.

Die Nitratbelastung wird als eines jener Beispiele für versteckte Kosten des Fleisches genannt. Eigentlich ist Fleisch nämlich nicht so günstig wie es scheint, die entstehenden Kosten zeigen sich allerdings nicht am Fleischpreis. Stattdessen müssen öffentliche Gelder dafür ausgegeben werden, das Grundwasser wieder zu reinigen und somit trinkbar zu machen.

Dies ist aber nur eines von vielen Beispielen von versteckten Kosten, welche sich nicht am Fleischpreis im Laden widerspiegeln, aber trotzdem über unsere Steuergelder oder unsere Krankenversicherung gedeckt werden. Den Preis bezahlt am Ende jeder von uns, auch wenn er selbst kein Fleisch isst.

Schweinezucht Tierwohl

Gerade Schweine brauchen ausreichend Platz, um ihren natürlichen Spieltrieb zu befriedigen.

Was machen Tiere mit der landwirtschaftlichen Fläche?

Viele Tiere bedeuten zudem, dass diese auch alle versorgt werden müssen. Entsprechend viel Futter muss produziert werden. Mittlerweile werden 60 Prozent der deutschen Ackerflächen nur für die Futtermittelproduktion hergenommen. Nichtsdestotrotz müssen darüber hinaus noch weitere Futtermittel aus dem Ausland zugekauft werden. Dazu zählt insbesondere Soja aus Brasilien, welches unter anderem dafür verantwortlich ist, das große Teile des dortigen Regenwaldes gerodet wird.

Würden wir den Fleischkonsum also reduzieren, so sinkt der ökonomische Druck auf Landflächen und es müsste kein Urwald mehr dafür weichen. Auch der Ausstoß an CO2 oder Methan würde sich erheblich verringern und sich Klimafolgeschäden relativieren.

Wie geht es eigentlich den Tieren dabei?

Würde die Massentierhaltung abgeschafft, so hätten Tiere mehr Platz, aber würde es ihnen deshalb auch wirklich besser gehen? Auch Tiere haben Gefühle, welche man bei einer artgerechten Tierhaltung ernst nehmen muss. Um negative Gefühle zu vermeiden bräuchte es nicht nur mehr Platz, es müsste auch auf andere Gegebenheiten geachtet werden. Dazu zählt beispielsweise, dass Kälber nicht direkt nach der Geburt von der Mutter getrennt werden, sondern dass diese schrittweise voneinander entwöhnt.

Auf engem Raum kann auch das natürliche Spielverhalten nicht ausgelebt werden. Als Konsequenz werden die Tiere oft apathisch, beißen ihre Artgenossen oder an den Käfigstangen herum. Entsprechend würde mehr Platz in der Tat einen deutlichen Fortschritt beim Tierwohl bringen.

Am schlechtesten geht es den Hühnchen. Das liegt aber nicht unbedingt an den Haltungsbedingungen, sondern vielmehr an der Züchtung. Die Tiere sind bereits nach wenigen Tagen nicht mehr in der Lage sich normal auf den Beinen zu halten. Um diesen zu helfen müsste noch deutlich mehr passieren, als einfach nur etwas mehr Platz zu gewähren.

Um eine artgerechte Haltung zu gewährleisten, müssten die natürlichen Hauptlebensweisen der Tiere möglich sein. Bei den Huftieren bedeutet dies zum Beispiel, sie brauchen viel Platz zum Laufen, damit sie viel gehen können. Sie bräuchten auch reichlich frisches Gras und Heu zu fressen, damit ihre Mägen und der Darm das für sie gewohnte Futter bekommt.

Fazit zur Abschaffung der Massentierhaltung

Würde die Massentierhaltung in Deutschland abgeschafft, so gäbe es im schlechtesten Fall schlicht eine Verlagerung der Massentierhaltung ins Ausland. Das würde das wirtschaftliche Aus von vielen kleinen landwirtschaftlichen Betrieben bedeuten. Diesem muss mit ordnungsrechtlichen oder steuerrechtlichen Mitteln entgegengewirkt werden. Denn sonst würde sich auch die Nitratbelastung oder der CO2-Aussto nicht verringern, sondern einfach nur in andere Länder verlagern.

Würde man dies Konsequenzen aus dem Verbot der Massentierhaltung allerdings beachten, so würde es den gehaltenen Tieren tatsächlich besser gehen. Auch die Natur und das Klima würden davon profitieren. Selbst für die Bauern muss ein notgedrungen geringerer Konsum von tierischen Produkten nicht von Nachteil sein. Sie würden für jedes ihrer Tiere einen im Vergleich zu Heute deutlich höheren Ertrag erwirtschaften. Dafür müssten die Verbraucher allerdings bereit sein mehr Geld für tierische Produkte auszugeben.

Eine Abschaffung der Massentierhaltung wäre somit durchaus denkbar. Es müsste jedoch an die daraus resultierenden Konsequenzen gedacht werden. Mensch und Tier würde es auf jeden Fall damit besser gehen.

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