Handel mit alten Sorten ist verboten!

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Es gibt noch altes Saatgut, Saatgut von alten Sorten. Es ist widerstandsfähig und lässt sich wunderbar reproduzieren – man darf es aber nicht. Es gibt in Deutschland ein Saatgutverkehrsgesetz, welches den Handel, Tausch und die Weitergabe von altem Saatgut verbietet.

Ein aus dem Jahr 1930 stammendes Gesetz, das Saatgutverkehrsgesetz, soll uns schützen. Schlechtes Obst und Gemüse möchte man dem Verbraucher nicht zumuten. Aus diesem Grund darf lediglich zugelassenes Saatgut vertrieben oder auch verschenkt werden. Soweit so gut! Es leuchtet ein, dass hier keine Willkür herrschen darf und alles seine Ordnung haben soll. Man will ja auch sichergehen, dass das, was man kauft, auch von entsprechender Qualität oder von gutem Geschmack ist.

Dabei hat das mit Geschmack zum Beispiel nichts zu tun. So hat das Bundessortenamt 42 Kriterien ausgewählt, welche dazu helfen sollen Kartoffeln klassifizieren zu können. Hierbei geht es um Form, Farbe, Schale, Oberflächenbeschaffenheit oder Konsistenz, der Geschmack ist nebensächlich und interessiert dabei nicht. Alle Kriterien bekommen bei der Klassifikation einer neuen Sorte einen Wert zwischen 1 und 9 zugeteilt. Je höher, desto besser! Am Ende werden die Werte aller Kriterien addiert und die Kartoffel mit dem höchsten Wert hat laut Bundessortenamt auch die beste Qualität.

Folglich kann eine super runde und perfekt gelbe, mit einer idealen Schale versehene Kartoffel exzellent abschneiden und gleichzeitig nach nichts schmecken. Auch sollte sich die Frage nach dem Schutz des Verbrauchers gestellt werden, wenn von beispielsweise 15.000 Tomatensorten gerade einmal 43 im Handel zugelassen sind. Wieder nur zehn davon entfallen auf sogenannte alte Sorten und die meisten der zugelassenen Sorten sind nicht einmal samenfest und somit für eine dauerhafte wiederkehrende Ernte unbrauchbar. Bei Grünkohl ist es sogar noch gravierender, hier dürfen gerade einmal zwei Sorten gehandelt werden. Dabei gibt es alleine auf den Friesischen Inseln bereits hunderte verschiedene Sorten an Grünkohl.

Will man tatsächlich den Verbraucher schützen oder werden hier nicht vielmehr Interessen geschützt? Wer profitiert wohl am meisten davon, dass alte Sorten nicht in den Handel kommen? Ich glaube nicht, dass der Verbraucher sich gegen eine größere geschmackliche Vielfalt stellen würde. Ist man tatsächlich ehrlich, so schmeckt keine einzige Tomatensorte im Supermarkt wirklich gut – nicht eine einzige! Jeder, der bereits Tomaten aus dem eigenen Garten genießen durfte und sich auch dort an alte Sorten gewagt hat, der kann dies ohne weiteres bestätigen. Man könnte ein Gesetz, welches zwischen den beiden Kriegen entstanden ist, um die heimische Wirtschaft zu schützen, heute mit Sicherheit wieder abschaffen oder zumindest reformieren. Ein wirkliches Interesse hierfür scheint allerdings nicht vorhanden zu sein.

Was ist aber die Konsequenz daraus? Wir machen es uns unnötig schwer unser genetisches Erbe zu erhalten. Jeder, der alte Sorten schützt und seine Bemühungen diesbezüglich auch irgendwie finanzieren muss, der wird notgedrungen kriminell.

Der Kunde sollte entscheiden was auf den Märkten verkauft und in unseren Gärten und Feldern angebaut werden soll. Würde er das tatsächlich tun, so hätten viele Tomatensorten keine Chance mehr. Nur weil eine Sorte alt und noch nicht klassifiziert ist, so darf das kein Grund dafür sein, dass dessen Samen nicht genutzt werden dürfen.

Zum Glück gibt es aber immer noch Landwirte und Hobbygärtner, die sich über die Gesetze hinwegsetzen. Würde sie es nicht tun, so wären viele dieser alten Sorten schon längst ausgestorben. Es ist die Leidenschaft weniger Menschen, der wir ein Stück biologischer Vielfalt zu verdanken haben. Warum legen wir ihnen noch zusätzlich Steine in den Weg für die wichtige Arbeit, die sie leisten.

So stecken viele alte Sorten noch voll mit wichtigen Inhaltsstoffen und sind nicht nur auf Größe und Ertrag gezüchtet worden. Warum sollten wir uns gesunde Lebensmittel verbieten lassen? Bisher erzählen uns der Staat und wenige große Konzerne, was wir pflanzen und essen dürfen. Dabei verstecken sie sich hinter dem fadenscheinigen Argument des Verbraucherschutzes!

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13 Kommentare


  1. toller Beitrag und so wahr.

    Wir sind doch die Verbraucher und wir sollten da auch für unsere Gesundheit einstehen und etwas unternehmen, finde ich.
    Es geht um unsere Gesundheit und wenn wir gesund alt werden wollen, sollten wir auch etwas dafür tun, denn wir müssen nicht krank im Alter sein.


  2. Warum soll denn dieses Gesetz in den dreißiger Jahren die heimische Wirtschaft geschützt haben? Wie kam dieses Gesetz überhaupt zu Stande


    1. Leider ist mir die genau Intension des Gesetzes nicht bekannt ist. Immerhin liegt das bereits fast 100 Jahre zurück und auch das ich den Artikel geschrieben habe ist jetzt schon eine ganze Weile her.
      So wie ich das noch in Erinnerung habe, war es zum einen eine protektionistische Maßnahme. Man wollte die heimischen Züchter schützen. Da sie die die besten Kartoffeln der damaligen Zeit hatten, konnte man dies sogar unter dem Aspekt der Qualitätssicherung verkaufen. Ich hoffe die kurze Zusammenfassung reicht dir, an Details kann ich mich nicht mehr erinnern.


    2. Alles nur Geldschneiderei. Die großen kaufen sich die Lizenzen und bauen Schrott an. Tomaten mit denen man jemand totschmeissen kann. Die überhaupt nicht schmecken. Die glatt sind wie ein Kinderpopo.
      Ich habe alte Sorten. Bei der Ernte sehen sie nicht so rund aus. Teilweise mit schorfigen Stellen.
      Aber saulecker. 😉 Jetzt ist anfang Juni. Wir freuen uns jetzt schon drauf.


  3. Viel schlimmer, als dass ihnen Steine in den Weg gelegt werden, das Gesetz kriminalisiert Hobbygärtner. Gärtner, die keine Drogen oder verbotene Substanzen anbauen, sondern Nahrungsmittel, werden durch solch ein absurdes Gesetz kriminell, wenn sie zum Erhalt alter und schmackhafter Sorten beitragen.


  4. Ich finde , seit Monsanto mit Glyphosat in die Schlagzeilen geraten ist ,sollte jedem Hobbygärnter klar sein wer hier das sagen hat.Das Monsanto Saatgut vertreibt das gegen Glyphosat resistent ist beweist das sich der Käufer dann abhängig macht.Nur ärgerlich das die EU in Brüssel alles abnickt ohne vorher irgendwas zu prüfen.Schaut mal auf eines eurer Grundnahrungsmittel:Salz.Die EU hat klammheimlich die Rieselhilfe Ferrocyanid als Ersatz zu Magnesiumcarbonat/Kalciumcarbonat genehmigt.Blutlaugensalz ist extrem giftig.Aber laut EU in so geringen Mengen das es völlig ungefährlich ist.Jetzt die Frage:Der Metzger/Bäcker/Lebensmittelindustrie/ und auch wir….jeder nimmt dieses Salz…wann ist die unbedenkliche Menge erreicht?Die Dosis macht das Gift.
    Hinsichtlich der alten Sorten bin ich der Meinung das diese hinsichtlich Geschmack und Vielfalt haushoch den „treibhaus Wassertomaten zb.“ überlegen sind.Die EU macht was sie will…aber ich auch.Deswegen baue ich fast ausschliesslich alte Sorten in meinem Garten an die auch durch wieder reproduzierbar sind…ohne Kosten.


    1. Hallo Ralle,
      vielen Dank für deinen Kommentar. Ich geb dir völlig recht, und du sprichst mir ein wenig aus der Seele. Hinter unserem Rücken passiert tatsächlich viel, dass wir gar nicht mitbekommen. Das mit der Rieselhilfe wusste ich auch bis dato noch nicht. Werde in die Richtung auf jeden Fall mal recherchieren.
      Auch bin ich in Bezug auf den alten Sorten bei dir. Auch ich verwende wenn möglich alte Sorten. Im Garten merkt man die geringere Ernte überhaupt nicht. Habe letztes Jahr lang mal F1-Hybriden mit alten Tomatensorten parallel gepflanzt, um zu sehen, ob die wirklich so viel besser laufen. Tun sie nicht, sie waren in dem Hitzesommer letztes Jahr sogar viel anfälliger. Die verhältnismäßig wenigen Früchte waren zwar riesig, aber nicht so gut im Geschmack.
      Leider ist der Geschmack nur ein einziges von vielen Kriterien, die bei der Einführung von Saatgut gilt. Inhaltsstoffe sind meines Wissens überhaupt kein Kriterium. Folglich degenerieren wir den Wertstoffgehalt unserer Pflanzen, da bringt es auch nichts, wenn wir mehr ernten können, ist ja nichts mehr drin, was uns am Leben hält. Zum Glück haben wir noch ein paar alte Sorten!


  5. Hallo Daniel,
    ja , es ist leider so das die Rieselhilfe von der EU soweit ich weiß 2014 schon genehmigt wurde.Ich habe seit 2014 nur noch unbehandeltes Stein oder Meersalz.Man muss wirklich suchen um unbehandeltes Salz ohne Ferrocyanid oder Kalziumferrocyanid zu bekommen.Mir persönlich macht es nichts aus das unbehandeltes Salz manchmal klumpt.Ein paar Reiskörner zum Salz , oder aber auch öfter bei Elektrogeräten beigepackte Silica Päckchen halten die Luftfeuchte ab.
    Zu den alten Saatgut Sorten möchte ich dir hiermit mal eine Internet-Seite verlinken wo ich meine alten Tomaten und Chili Sorten abhole…Wohne nicht weit weg

    irinas-shop.de

    Da auch Irina sehr viele „alte“ Sorten vertreibt wurde Sie von der EU gezwungen ihre Pflänzchen und Saatgut als Sammlerobjekt und Ziergewächse auszuweisen.Keinen falls zum Verzehr!
    (bei den jeweiligen Pflanz Beschreibungen angegeben).
    Hier zeigt sich das wahre Gesicht der EU und der Saatgut Lobby.
    Es zieht sich wie ein roter Faden durch das komplette Gemüse/Obstangebot.
    Kleiner Tipp an Hobbygärtner und Ausprobierer:
    Die Kartoffel Sorte „Bamberger“.
    Klein,Festkochend,ideal für Bratkartoffel oder aber auch zu Kartoffelsalat.
    Macht zwar mehr aufwand zu schälen aber der Geschmack macht das mehr als wett.
    Ich finde wir sollten uns mehr auf das verlassen was wir selbst anbauen als uns von Leuten was vorsetzen zu lassen.Sicher , ich weiß das nicht alle das Glück haben einen Gemüsegarten sein Eigen zu nennen.Aber wer es kann sollte darauf zurückgreifen.


    1. Hallo Ralle,
      das mit dem Salz war auch mir lange nicht bewusst. Wir achten inzwischen aber auch darauf.

      Danke für den Tipp mit Irinas Shop. Jeder sollte in seinem Garten alte Sorten anbauen, das lohnt sich. Im letzten Sommer habe ich bei Tomaten aus Versuchszwecken F1-Hybride gegen alte Sorten wachsen lassen. Dank dem sehr heißen Sommer bin ich bei Ersteren nicht mit dem Giesen hinterher gekommen und die alten Sorten waren durch die Bank deutlich besser unterwegs. Über Geschmack wollen wir hier gar nicht sprechen.
      Leider gilt für die Saatgut-Lobby der Geschmack nicht als Kriterium. Selbst die wertvollen Inhaltsstoffe sind nicht entscheidend. Es gilt lediglich Ertrag, Aussehen oder vielleicht noch Lagerfähigkeit. Was bringen mir aber Top-Erträge, wenn in den Früchten keine Vitamine & Co mehr enthalten sind?


  6. Es ist schon schade, dass man nicht alle 10.000 Tomatensorten im Laden um die Ecke kaufen kann. Vermutlich wäre dies nicht einmal möglich, sollten alle zugelassen sein. Das ist ausgeschlossen. Schließlich ist die Masse der Gesellschaft ohnehin mit einigen wenigen, aber stets verfügbaren Produkten zufrieden, denke ich. Möglicherweise ist es so wie mit dem Bier. Die absolute Mehrheit der Biertrinker gibt sich mit einer handvoll Biersorten (eben die überall bekannten und verfügbaren Biere) zufrieden. Jeder Mensch, der nun exotische, seltene, alte und/oder höherwertige Biere genießen möchte, muss sich halt auf die Suche machen und ein wenig tiefer graben in diesen Nischenmärkten, aber jeder wird ans Ziel kommen.
    Deswegen finde ich – auch wenn der Vergleich natürlich hinken kann -, dass hier doch etwas dramatisiert wird. Im Geschäft kann man schon aus logistischen Gründen nur sehr wenige Sorten kaufen, aber jeder, der möchte, kann sich alte Sorten besorgen und selbst ziehen oder von Bekannten/Verwandten ziehen lassen. Keiner kommt ins Gefängnis, weil er alte Tomatensorten anbaut, isst oder deren Samen – als Zierpflanzensamen deklariert – verkauft. Jede Gärtnerei verkauft grundsätzlich alle Pflanzen als Zierpflanzen, auch wenn darunter essbare Pflanzen sind. Ein Kamillentee aus dem Drogeriemarkt wird als Nahrungs(ergänzungs)mittel deklariert, ein Kamillentee aus der Apotheke als Arzneistoff. Das Vorgehen hat auch mit haftungsrechtlichen Aspekten zu tun. Das Saatgutverkehrsgesetz ist nur relevant für gewerbliche Anbieter von Saatgut, welches wiederum der gewerblichen Nahrungsmittelproduktion dienen soll. Jeder Hobbygärtner darf also soviele alte Tomatensorten anbauen und deren Saatgut (als Zierpflanzensaat) verkaufen/tauschen/verschenken, wie er möchte. Kein Hobbygärtner wird „kriminalisiert“, wenn er alte Sorten zum Erhalt anbaut, ich bitte Euch. Das ist maßlos übertrieben. Oder kennt jemand eine Person, die inhaftiert wurde, weil sie Gemüsesamen zu Zierzwecken verkaufte? <<< Ernstgemeinte Frage.

    Beste Grüße
    Der Tomatenmann


  7. es ist doch nur der Handel untersagt. wir sind doch alle erfinderisch und so wie es Verbote gibt, gibt es auch Interessierte oder Wünsche, die man honoriert


  8. Mann oh mann ,das hätte ich nicht gedacht. Ich baue eine alte Kartoffelsorte seit über 30 Jahren an ,den Namen kenne ich nicht . Sie hat einen mittelmäßigen Ertrag auf unseren schweren Böden.
    Trockene Jahre verkraftet sie schlechter. Dieses Jahr war der Ertrag Spitze.
    Ich habe sie geerbt von jemandem , der sie in den 60er Jahren auf einem LPG – Feld gestoppelt hat. Es ist eine Universalkartoffel , aus der meine Frau einfach alles zaubert , von Kartoffelsalat über Grating ,Kartoffelspalten, Ofenkartoffeln, Kartoffelbrei selbst Puffer . Und diesen Samen weiterzugeben ist kriminell…. kann ich verstehen.!

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