Jahrhunderte alte Obstbäume – warum es sie nicht mehr gibt

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Je älter der Baum, desto wertvoller die Frucht. Was heutzutage allenfalls ins Reich der Mythen und Esoterik eingeordnet wird, scheint nun –zur eigenen Überraschung der Wissenschaft- erstmals bestätigt. Diese Ergebnisse dürften unserer Lebensmittelindustrie nicht schmecken.

Der Mythos jahrhundertealter Bäume

Die Existenz jahrhunderte- und gar jahrtausendealter Bäume faszinierte seit jeher die Menschen. So gibt es in den White Mountains in Kalifornien – nach aktuellem Stand der Wissenschaft – die ältesten Bäume des Planeten: die 4.000 bis 5.000 Jahre alten Langlebigen Kiefern (bristlecone pines). Hier in Deutschland gehören zu den ältesten Bäumen Linden, Eichen und einige Obstbaumsorten, während im mediterranen Raum der Olivenbaum das Symbol für Langlebigkeit schlechthin ist. Diese Fähigkeit ein Millennium zu überdauern zieht Spirituelle an und – so lässt sich vermuten- speiste die Mythen über deren besonders wertvolle Blätter, Rinde, Samen oder Früchte.

Aus wissenschaftlicher Sicht

Biologen versuchten in verschiedenen Studien das Geheimnis der langlebigen Bäume zu lüften. In einer Studie der Wissenschaftlerin Müller der Universität Barcelona, die eigentlich nur nach Indizien für die Vergreisung der langlebigen Bäume suchte, wurden erstmals die Samen und Früchte in den verschiedenen Altersphasen untersucht. Das Ergebnis war überraschend aufsehenerregend.

Bäume, die nach unseren Maßstäben ihre Jugend schon lange hinter sich gelassen hatten, produzieren zwar weniger Samen bzw. Früchte aber dafür die wertvolleren. Die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe der Samen bzw. Fürchte ändert sich im greisen Alter gravierend. So wies Müller nach, dass die Samen bzw. Früchte des greisen Baums

  • einen höheren Wert der Salicylsäure und
  • einen doppelt so hohen Vitamin E –Gehalt

wie die Samen bzw. Früchte des jungen Baums haben. Aus biologischer Sicht haben die Samen und Früchte des greisen Baums eine höhere Qualität und damit eine bessere Überlebenswahrscheinlichkeit der Nachkommen.

Die wertvollen Früchte der alten Bäume

Als Lindenblütentee, Olivenöl oder knackiger Apfel fanden diese Samen und Früchte der langlebigen Bäume ihren Weg in unsere Nahrung. Die natürliche Salicylsäure wirkt fiebersenkend, antientzündlich und schmerzlindernd und ist das Vorbild für die synthetisch hergestellte Acetylslicylsäure (ASS) oder besser bekannt als Aspirin. Natürliches Vitamin E scheint im menschlichen Körper als natürliches Antioxidans zu wirken, in dem es die Zellmembranen vor freien Radikalen schützt.

Heute ist mit 25 Jahren Schluss

Der Löwenanteil des Olivenöls auf dem Markt kommt aus dem intensiven Anbau, wo schnell wachsende Olivenbaumsorten angebaut werden und alle 25 Jahre ausgerissen werden um durch neue Setzlinge ersetzt zu werden. Grund für die „Altersbegrenzung“ von etwa 25 Jahre, ist die zurückgehende Ertragskraft der Olivenbäume. Ab etwa 25 Jahren verringert sich die Blüten- und damit Olivenproduktion des Baumes. Pro Olivenbaum würde weniger Olivenöl gepresst werden, was in der Massenproduktion wirtschaftlich nicht vertretbar ist. Daher lässt sich im Supermarkt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nur Olivenöl von jungen Bäumen finden.

Olivenbaeume

Bei ganz normalen Olivenbäumen ist heute nach 25 Jahren Schluss

Streuobstwiesen sind wertvoll

Langlebige Obstbäume finden sich heute noch auf den Streuobstwiesen. Zu den langlebigen Obstbäumen in unseren Breitengraden gehören insbesondere alte Apfel- und Birnensorten, Kirschen, Walnüsse, Zwetschgen und Pflaumen. Seit rund 20 Jahren erleben diese Streuobstgürtel rund um Dörfer und Städte, dank Naturschutzvereinen und NABU, eine Wiederauferstehung. In den 60er und 70er Jahren fielen sie aus den gleichen wirtschaftlichen Gründen wie im Olivenanbau der Motorsäge zum Opfer und wichen Neubaugebieten oder effizienten Obstplantagen.

Ach ja, und was ist nun das Geheimnis der langlebigen Bäume?

Langlebige Bäume altern anders als der Mensch oder das Tier. An den Spitzen ihrer Triebe sitzen Zellen, die den embryonalen Stammzellen von Säugetieren ähneln. Sie sind aber, anders als beim Säugetier, nicht auf eine bestimmte Aufgabe spezialisiert, sondern sie können sich je nach Bedarf in verschiedene Gewebe umwandeln. Dadurch haben langlebige Bäume die Fähigkeit sich permanent zu erneuern.

Autorin: Evelin Krenzer

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